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Wir müssen über Freiheit reden!

Man sagt es ihnen nach - den Deutschen - dass sie obrigkeitshörig sind, Regeln nicht nur befolgen, sondern Regeln über Alles stellen. Ein Land voller Blockwarte, das sich gegenseitig kritisch beäugt und nicht vor Denunziation zurückschreckt. Wir haben da so unsere eigenen Erfahrungen ...

Ja - auch ich sehe zur Zeit, dass die Ein oder Andere persönliche Freiheit zurückstehen muss, Das Vieles berechtigterweise einem Ziel untergeordnet wird - nämlich den Verlauf des Coronavirus und seiner Ausbreitung möglichst zu verlangsamen, zu kontrollieren und in "beherrschbare" Bahnen zu lenken. Da wird sinnvolles verordnet und vorgeschrieben und scheinbar hält sich die große Mehrheit daran. Ist einig in dem Ziel, möglichst wenig Menschen sterben zu lassen und das ist gut so. Es hat meine Unterstützung und mein Einverständnis!

Dennoch müssen wir in dieser Situation auch über Grenzen reden. Und zwar über die Grenzen staatlichen Eingreifens in unser Leben, in unsere Privatsphäre, in unsere Freiheit.

Wie so oft im Leben reden wir hier von Abwägungen, die so einfach nicht zu treffen sind. Im Raum steht die Frage: Was ist ein Menschenleben wert und was darf ich tun, um ein Menscheneben zu retten.
Im Grunde wäre die Frage einfach zu beantworten: Alles!
Denn wer will schon Richter und Henker zugleich sein? Wer will sich anmaßen, den Wert des einen Lebens gegen den Wert eines anderen Lebens aufzurechnen?
Dieses Dilemma kann ganze Genereationen von Philosophen und Ethikern beschäftigen und im Grunde übersteigt sie auch mein eigenes, bescheidenes Denkvermögen. 

Alles? Darf - soll man wirkich Alles tun um ein Menschenleben zu retten?

Hier wird es kompliziert. Denn die Frage ist abstrakt. Auf der einen Seite die Frage nach einem eher abstrakten Menschenleben. Denn welches es ist, weiss ich nicht, auch nicht, welches das nächste ist.
Auf der anderen Seite ist es ganz konkret meine persönliche Freiheit die beschnitten wird. Das ist konkret, das ist unmittelbar.

Natürlich ist es mir klar, das es auch um meine ganz persönlichen und mit mir lebenden Menschen geht. Meine Mutter, meine Schwiegermutter, meine ältere Nachbarin. Auch das ist konkret - und doch auch abstrakt. Denn die Bedrohung durch den Virus ist ebenfalls zunächst abstrakt. Nicht sichtbar, nicht zu fühlen, nicht zu riechen.

Und dann steht da die Frage im Raum - ist das Alles so richtig. Und diese Frage wird größer, wenn wir an die Gesamtkosten der Freiheitsbeschränkung denken. Die Freiheitsbeschränkungen jetzt und die Freiheitsbeschränkungen der Zukunft, die wir nicht kennen. Die "Kosten" jetzt und die Kosten in der Zukunft, die wir ebenfalls noch nicht kennen.

Wie kann man Menschenleben gegen zerstörte Existenzen aufrechnen? Wie viele Menschen müssen, sollen, dürfen ruiniert werden für im Gegenzug wie viele gerettete Menschenleben?

Die Zusammenhänge bleiben verschwommen, die Betroffenheiten sind mehr oder weniger stark. Aber Maßnahmen werden getroffen auf Grundlage der Übereinkunft, wir wollen nicht sterben lassen. Bestandteil einer solchen Übereinkunft müssen aber auch Grenzen sein. Ohne Grenzen keine Übereinkunft, denn es ist ein Handel, bei dem man wenigstens ungefähr wissen muss - was bekomme ich für das, was ich gebe.

Weitergehende Einschränkunge der Freiheit, Überwachung, Aushebelung von Datenschutz und Privatsphäre stoßen da schnell an ihre Grenzen und dürfen bestenfalls gar nicht, höchstens auf Zeit eingegangen werden. Und unbedingt gekoppelt an die Gewissheit, dass diese sehr intimen und daher sehr unmittelbat freiheitsbeschränkenden Maßnahmen nur zeitlich befristet gelten können.

Problem: In einer datengetriebenen Welt ist das per se mit Mistrauen behaftet und niemand kann glaubhaft versichern, diese Einschränkungen wirklich nur jetzt, nur zeitlich befristet einzusetzen. Das Vertrauen haben sich sowohl der Staat als auch die Wirtschaft schon lange verspielt.

Also müssen wir - obwohl es drängt - us Zeit nehmen zu reden. Zu verhandeln. Wir haben Erklärungen einzufordern und wir haben für Versicherungen zu sorgen. Wir müssen diskutieren und kontrollieren. Wir müssen uns dagegen wehren, unter dem Deckmantel der Notwendigkeit unsere Freiheit bereitwillig herzugeben.

Es ist keine Quertreiberei, jede Maßnahme kritisch zu hinterfragen, sie sogar in Frage zu stellen. Es ist geradezu Bürgerpflicht, an der Verhandlung von Grenzen teilzunehmen und nicht blindlings der Führerschaft der Autokraten, Bürokraten und Volksvertreter zu vertrauen.
Starken Persönlichkeiten muss man Vertrauen schenken. Zugleich aber muss man ihnen gegenüber mistrauisch sein.

Es geht um jeden einzelnen von uns - und das bedeutet sehr viel. Es sind ganze Leben, ganze Biografien, ganze Lebenslinien und ganze Familien, die von all diesen Entscheidungen betroffen sind. 
Wir sollten uns der Verantwortung stets stellen und mit kritischen Fragen, aber wenn nötig auch mit der Verweigerung unserer Zustimmung reagieren.

Eine Freiheit die einmal genommen wurde schränkt zugleich alle anderen Freiheiten ein. Also - Augen auf - hartnäckig Fragen stellen und nicht gleich ins Bockshorn jagen lassen durch all die Angst, die man uns einredet.

Wenn kein Leben mehr Wert ist als ein Anderes, dann ist Deines eben genau so viel wert.
Tot oder lebendig.

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